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Irgendjemand wird den Zuckersack heben

Es ist egal, hab ich gedacht, doch es ist anders. Es ist wieder kurz vor Weihnachten und wieder mal frage ich mich, warum das Jahr so vergangen ist wie es ist. Eine Geschichte vom Zuckersack.

Ich sitze hier vor dem Computer und denke nach. Hat sich wirklich was geändert? Ich bin ein Jahr älter geworden, aber das kann wohl jeder von sich sagen. Das ist auch schon mal was schönes, doch an sich kein Ereignis.

Mit zunehmendem Alter kommen immer mehr Krankheiten dazu. Bei mir ist es ein Bandscheibenvorfall der mich einige Zeit lahm gelegt hat. Als ich dreißig war, habe ich noch hundert Kilo schwere Säcke geschleppt und es machte mir nichts aus. Jetzt sind es schon zehn Kilo die mir was ausmachen. Und da fängt man an zu überlegen.

Als ich zwanzig war habe ich gedacht, das ich unsterblich bin. Es gab Leute die was von „sozialem“ geredet haben, aber das war nicht ich. Ich hab die Alten geachtet und zugehört. Und wenn mein Kollege den hundert Kilo Zuckersack nicht fort bekommen hat, habe ich ihm natürlich geholfen. Wir waren ein Team. Das war selbstverständlich.

Jetzt bin ich der Kollege der den Zuckersack nicht mehr aufladen kann. Doch es gibt den jungen Kollegen nicht mehr der mir helfen könnte. Der wurde von der Firma nicht mehr eingestellt, weil ich in den letzten Jahren den Zuckersack alleine getragen habe. Weil ich es musste. Der wurde auch nicht ausgebildet und wenn er bei uns anfangen wollte, abgewiesen, weil er angeblich nicht gebraucht wird. Jetzt bräuchte ich ihn dringend.

Jetzt habe ich einen neuen Kollegen bekommen. Er ist jetzt mein Schichtleiter. Er will mir beim Zuckersack nicht helfen. Ich hätte es ja die ganze Zeit geschafft den Sack da hoch zu bekommen.

Heute war ich auf dem Amt. In einem Monat ist erst mal Arbeitslosigkeit angesagt. Und ich frage mich, wer jetzt den Zuckersack hebt. Die billigen Arbeiter aus Polen, die heute, als ich vor der Firma stand, da waren und jetzt per Werkvertrags da arbeiten, werden das wohl machen.

Somebody’s gonna lift the sugar bag.

It doesn’t matter, I thought, but it’s different. It’s just before Christmas again and once again I ask myself why the year has passed as it is. A story about the sugar bag.

I sit here in front of the computer and think. Has something really changed? I have become one year older, but everyone can say that about himself. That’s something nice, but not an event in itself. With increasing age, more and more diseases are added. With me it is a slipped disc which has paralyzed me for some time.

When I was thirty, I was still carrying bags weighing a hundred kilos and it didn’t bother me. Now I care about ten kilos already. And that’s when you start to think.

When I was twenty I thought that I was immortal. There were people who talked about „social“, but it wasn’t me. I respected and listened to the old people. And if my colleague didn’t get the hundred kilos of sugar sack away, I naturally helped him. We were a team. That was self-evident.

Now I am the colleague who can no longer recharge the sugar bag. But there are no more young colleagues to help me. He was no longer hired by the company because I had carried the sugar bag alone in the last few years. Because I had to. He wasn’t trained either and if he wanted to start with us, he was rejected because he was supposedly not needed. Now I urgently need him.

Now I have got a new colleague. He is now my shift leader. He does not want to help me with my sugar bag. I would have managed to get the bag up there all the time.

Today I was on the office. In one month unemployment is announced. And I wonder who is lifting the sugar sack now. The cheap workers from Poland, who were there today when I stood in front of the company and now work there on a contract for work, will probably do that.

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