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Gesundheit Politik

Von wegen Killervirus

Die Sterblichkeitsrate von COVID-19 wird maßlos überschätzt.

von Georg Lind

Diesen Artikel habe ich vom RUBIKON übernommen. Ich finde diese Sichtweise sehr interessant und möchte den Artikel deshalb weiter verbreiten.

In den Medien wird berichtet, dass die Sterblichkeitsrate beim Coronavirus bei 3 bis 4 Prozent läge, bei über 80-Jährigen sogar bei 14,8 Prozent. Hierauf beruhen bislang auch die Maßnahmen der deutschen Regierung. Nach neuen Zahlen des Robert-Koch-Instituts (1) beträgt die Sterblichkeit derzeit jedoch nur 0,14 Prozent bzw. 1,4 Promille. Möglicherweise überschätzt auch diese Zahl noch die wirkliche Sterblichkeit. Zwar ist die Anzahl der Todesfälle sicher korrekt erfasst — wobei eine Bereinigung um Kofaktoren noch erfolgen muss —, doch die Anzahl der Infektionen wird vermutlich stark unterschätzt, denn es werden nur jene Fälle gezählt, die amtlich bekannt sind. Erfahrungsgemäß haben sich schon sehr viel mehr Menschen mit dem Coronavirus infiziert, als wir wissen können. Denn viele merken es gar nicht oder haben nur leichte Symptome. Und viele werden auch gar nicht getestet, weil die Testlabors überlastet sind.

Eine amerikanisch-japanische Forschergruppe hat jetzt neue, umfangreiche Daten zur Infektion in China mit dem Coronavirus (Covid-19) erhoben (Bericht), die einigermaßen realistisch sind.

Der Bericht ist eine Vorabveröffentlichung, die noch nicht einem Peer-Review unterzogen wurde. Da solche Reviews sich oft über Monate hinziehen und am Ende die Befunde niemanden mehr interessieren, müssen wir damit vorliebnehmen und den Daten bereits jetzt vertrauen.

Nach den Befunden der Forscher ist die Infektionsrate sehr, sehr viel höher, als bislang bekannt war. Offenbar beruhten die bisherigen mathematischen Modelle auf falschen Zahlen.

Demnach ist auch die Sterblichkeitsrate um ein Vielfaches niedriger, als die Forscher bisher errechneten. Statt, wie vielfach berichtet, bei 4,19 Prozent, liegt sie tatsächlich bei nur 0,04 Prozent. Sie ist also um das 100-fache niedriger als bisher berichtet wird.

Die Forscher haben keine Analyse nach Altersgruppen gemacht. Aber aufgrund ihrer Zahlen kann man die Raten von Risikogruppen neu berechnen.

Wenn, wie der Berliner Kurier berichtet, aufgrund bisheriger Zahlen für Menschen in Deutschland im Alter zwischen 55 und 70 Jahren ein Risiko von 4,0 Prozent und für Menschen ab 80 Jahren ein Risiko von 14,8 Prozent errechnet wurde, dann müssen wir diese Zahlen jetzt durch 100 teilen.

Demnach haben

  • 55 bis 79-jährige Menschen ein Sterberisiko von 0,04 Prozent und
  • über 80-jährige Menschen ein Sterberisiko von 0,15 Prozent (1,5 Promille).

Jeder Tote ist zu viel. Aber bei der Influenza sterben deutlich mehr. Dort liegt die Sterblichkeit bei 0,1 bis 0,2 Prozent. Und vor allem: Diese Menschen müssen überhaupt nicht sterben, wenn man den Schutz auf sie abstellt, statt die ganze Nation unter Hausarrest zu stellen.

„Corona ist auf keinen Fall gefährlicher als Influenza“, schrieb das Magazin „Focus“ vor kurzem. Chefarzt Clemens Wendtner von der Schwabinger Klinik für Infektiologie schrieb in der gleichen Focus-Ausgabe:

„Wir gehen davon aus, dass die Sterblichkeit deutlich unter einem Prozent liegt, eher sogar im Promillebereich.“

Er hat recht behalten. Die Sterblichkeit ist sogar noch geringer.

Der Forscher John P. A. Ioannidis von der renommierten Stanford-Universität warnt davor, die Zahlen, die wir haben, einfach hochzurechnen.

Er schreibt, wir laufen sonst Gefahr, dass die Regierungsmaßnahmen in einem Fiasko enden, weil die bisherigen Daten nicht zuverlässig sind. Wir müssen Corona ernst nehmen, dürfen aber nicht überreagieren.

Das bedeutet: Wenn die bisherigen Maßnahmen der Regierung auf grob falschen Zahlen beruhen, müssen wir uns fragen, ob diese Maßnahmen wirklich noch länger aufrechterhalten bleiben können.

Wir nehmen sonst einen wirtschaftlichen Schaden von 50 Milliarden Euro in Kauf und unterbinden die Bildung der ganzen Jugend für „unbestimmte Zeit“, nur um 1,5 Promille der infizierten Menschen in der Risikogruppe der über 80-Jährigen zu retten.

Können wir das Problem nicht auch mit weniger Schaden für die Wirtschaft und weniger Einschränkungen der Grundrechte in den Griff bekommen? Müssen wir das Problem mit Brachialgewalt lösen? Gibt es dafür nicht doch auch vernünftige Lösungen?

Eine vernünftige Lösung könnte beispielsweise so aussehen:

  1. Neuberechnung der wirklich zu erwartenden Patienten mit lebensgefährlichen Symptomen auf der Grundlage der neuen Sterblichkeitsraten.
  2. Vergleich dieser Zahlen mit den verfügbaren Betten und Sauerstoffgeräten in Intensivstationen.
  3. Falls sich bei diesen Neuberechnungen immer noch eine Lücke zwischen der Zahl der schweren Erkrankungen an Corona einerseits und den möglichen Behandlungsplätzen ergibt, prüfen, ob eine ausreichende Versorgung allein dadurch erzielt werden kann, indem man kurzfristig für mehr Tests und mehr Behandlungsplätze sorgt.
  4. Wenn auch dieses noch nicht ausreicht, kann man die Ausbreitung des Virus eindämmen, indem man sich auf Menschen ab 80 konzentriert: Mindestens zwei Meter Distanz zu anderen Menschen, wenn möglich nicht im selben Raum mit ihnen aufhalten. Essen und andere Dinge von außen nur mit Handschuhen entgegennehmen und danach Hände gründlich mit Seife waschen oder desinfizieren. Räume gut lüften und viel spazieren gehen, damit der Körper Vitamin D produzieren kann. Unterwegs Handschuhe anziehen (Geländer, Türklinken etc.) und sie nach jedem Tragen waschen (das Paar kostet ca. vier Euro) etc.
  5. Diese Maßnahmen durch öffentliche Kommunikation unterstützen. Plakate in jeder Straße und Videospots bei Instagram, YouTube, Twitter, ARD, ZDF etc. zeigen mit der Botschaft: „Sie sind mit großer Sicherheit Virus-Träger, ohne es zu merken. Bleiben Sie daher bitte in den nächsten vier Wochen auf räumliche Distanz zu Menschen über 80, damit sie diese nicht anstecken. Bieten Sie Ihre Hilfe beim Einkaufen etc. an.“
  6. Nur falls auch dann noch die Kliniken melden, sie seien überfordert und müssten, wie in Italien, Menschen in Not sterben lassen, darf man einige der bisherigen Maßnahmen aufrechterhalten.
  7. Diese einfachen und unschädlichen Maßnahmen sind sicher genau so wirksam wie das gegenwärtige 50-Milliarden-Programm, nur viel billiger und weniger destruktiv.
  8. Daher: Alle Schulen und Hochschulen sofort wieder öffnen und auch sonst alles wieder aufmachen.
  9. Menschen sind keine Geräte, die man einfach abstellen und für „unbestimmte“ Zeit einmotten kann. Wir wissen aus Studien, dass in sechs Wochen Sommerferien eine Menge Wissen vergessen wird und die IQ-Werte deutlich zurück gehen. Wenn wir jetzt 3 Millionen Studierende und 8,3 Millionen Schüler an allgemeinbildenden Schulen sechs Wochen in die Ferien schicken, entsteht ein immenser individueller und volkswirtschaftlicher Schaden, den auch der Finanzminister nicht ausgleichen kann — ganz abgesehen von anderen sozialen und psychischen Schäden, die durch die Isolation entstehen. E-Learning ist möglich, aber kein Ersatz für richtigen Unterricht. Die Lernenden können weder mit dem Lehrenden noch mit anderen über den Stoff diskutieren und ihre alltäglichen Probleme mit Gleichaltrigen bereden, wie das im Pausenhof und in der Cafeteria möglich ist.
  10. Wer es besser weiß, sollte das der Öffentlichkeit mitteilen und mit Daten belegen. Nur einfach zu behaupten, wir stünden vor einer „Pandemie“ (WHO), und das Risiko auf „hoch“ (RKI) zu setzen, reicht uns heute nicht mehr. Solche vermeintlichen Pandemien haben wir schon einige Male gehabt. Diese Fehlalarme sind uns teuer zu stehen gekommen. Wir sollten diesen Fehler nicht wiederholen. Wir verdächtigen niemand, uns bewusst in die Irre zu führen. Aber auch Experten sind Menschen. Sie können sich irren und versucht sein, auf ihrem Irrtum zu beharren.

Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html

Georg Lind, Jahrgang 1947, war bis 2010 außerplanmäßiger Professor für Psychologie an der Universität Konstanz und ist heute freier Autor und Lehrerausbilder. Sein Hauptinteresse gilt der Moralkompetenz, das heißt der Fähigkeit, Probleme und Konflikte durch Denken und Diskussion zu lösen, statt durch Gewalt, Betrug und Ignorieren oder durch Unterwerfung unter eine Autorität. Ohne diese Fähigkeit ist nach Lind kein Zusammenleben in einer Demokratie möglich. Er hat den objektiven Moralische Kompetenz-Test (MKT) entwickelt, der weltweit eingesetzt wird, um die Wirkung von Bildungsmaßnahmen zu messen.

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